Hanna Rochlitz

Wissenschaft & Forschung

Meine Promotion über E.M. Forsters librettistische Arbeit für Benjamin Brittens Oper "Billy Budd" (1951/1961) schloss ich 2011 an der Universität Kassel ab. Die Oper basiert auf einer Erzählung von Herman Melville; das Libretto schrieben E.M. Forster und Eric Crozier in enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten.

Meine Studie Sea-changes: Melville – Forster – Britten. The story of Billy Budd and its operatic adaptation erschien im Dezember 2012 im Universitätsverlag Göttingen. Sie steht auf der Website des Verlages als Open Access pdf zur Verfügung und kann dort auch in Buchform bestellt werden.

In meiner Studie erkunde ich, auf welche Weise Forster sich Melvilles Erzählung und seine Figuren zu eigen machte, um einige seiner zentralen künstlerischen und persönlichen Anliegen zum Ausdruck zu bringen. Hierzu analysiere ich die Themen, Figurenkonstellationen und Erzählmuster, die Forsters gesamtes literarisches Schaffen sowie zahlreiche seiner (teils unveröffentlichten) privaten Aufzeichnungen und Mitteilungen durchziehen. Ich liefere weiterhin detaillierte Interpretationen einer Anzahl von Forsters Erzählwerken, mit dem Ziel, die Parallelen zu der Geschichte von Billy Budd aufzuspüren. Auf diese Weise stelle ich Forsters librettistische Beschäftigung mit Billy Budd in den breiteren Kontext seiner eigenen literarischen Kreativität, seiner Biografie und seiner (auto-)biographischen Schriften. Weiterhin gehe ich der bis jetzt von der Wissenschaft eher kursorisch behandelten Frage nach, inwieweit gewisse wahrgenommene Verbindungen und Affinitäten zwischen Forsterschem und Melvilleschem Gedankengut für die Re-Interpretation der literarischen Quelle durch die Adaption verantwortlich sein könnten.

: Eine Melvilleisch anmutende Vision
auf einer Göttinger Straße
(Wolf Bröll: "Mensch und Wissenschaft")

Obgleich eine Analyse des Librettos und der musikalischen Struktur der Oper suggeriert, dass Forster und Britten leicht unterschiedliche Interpretationen von Melvilles Text verfolgten, zeigen meine Analysen von Forsters literarischem Schaffen, dass die in der musikalischen Struktur vorhandenen Ambivalenzen keineswegs als der Forsterschen literarischen Vorstellungswelt vollkommen fremd betrachtet werden müssen.

Meine detaillierten Analysen der Libretto- und Kompositionsskizzen sowie der umfangreichen Korrespondenz zwischen den drei Künstlern zeichnen die Entwicklung des Textes und seiner Figuren nach, die für die Emanzipation der Adaption von ihrer literarischen Quelle verantwortlich ist. Weiterhin untersuche ich aufs Neue die Frage nach Forsters und Brittens jeweiligem Einfluss auf die endgültige Form und die veränderte Bedeutung der Opernadaption. Meine Ergebnisse ermöglichen es mir, ein neues Licht auf die Entstehung der Oper und auf den Prozess ihrer Entwicklung zu werfen.

Dieses Projekt wurde betreut von Prof. Dr. Daniel Göske (Universität Kassel).

Meine Arbeit wurde von 2005-2007 mit einem zweijährigen Doktorandenstipendium der Universität Kassel gefördert.

Weitere Forschungsinteressen:

(Ererbte) Familienthemen & Trauma, Verkörperung, und hohe sensorische Verarbeitungssensitivität (“Hochsensibilität”)
Queeres weibliches Erleben und Erfahren in maskulinistischen Kulturen
Fanfiction und Fan-Kulturen im Internet
Kognitive Musikologie und Musikperzeption

Publikationen:

“The Wise, Queer Heart of Englishness: E. M. Forster”, in: Benjamin Britten in Context, Hrsg. Justin Vickers and Vicki P. Stroeher. Cambridge: Cambridge University Press, 2022: 241-248.
Internetseite des Verlags
“ ‘I have read Billy Budd’: The Forster-Britten reading(s) of Melville”, in: Literary Britten: Words and Music in Benjamin Britten's Vocal Works (Aldeburgh Studies in Music), Hrsg. Kate Kennedy. Woodbridge: Boydell & Brewer, 2018: 296-317.
Internetseite des Verlags
Sea-Changes: Melville - Forster - Britten. The story of Billy Budd and its operatic adaptation. Göttingen: Universitätsverlag Göttingen, 2012.
Internetseite des Verlags
“ ‘I’ve sighted a sail in the storm [...] She has a land of her own where she’ll anchor forever’: The British Melville Revival, Billy Budd, and E.M. Forster’s Visions of a Queer Utopia”, in: Perspectives: Journal of the Department of English (International Issue), Vol.2, Nr.2. Uttarpara: Raja Peary Mohan College, 2008: 44-56. Online abrufbar über The Stacks, das Repositorium der Library of Anglo-American Culture & History (FID AAC) an der Göttinger Staats- und Universitätsbibliothek:
http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?fidaac-11858/346

: Wasserfarbskizze:
Die Marsch bei Aldeburgh (2002)

Vorträge:

" 'We redid and finished the libretto': A reconsideration of the Forster/Britten collaboration on Billy Budd". Vortrag auf der Tagung Britten on Stage and Screen, 5-7 July 2013, The University of Nottingham (UK).
"Forster adapts Melville: Forsterian Narrative Patterns in Billy Budd". Vortrag auf der Tagung Visible and Invisible Authorships: The 7th Annual International Conference of the Association of Adaptation Studies, 27-28 September 2012, The University of York (UK).
" 'By everyone else’s standards, red's Camp': One Hundred Years of Slashing the Canon". Vortrag auf der Tagung Slash 3 - The Final Cut: the 3rd DMU Fanfiction Study Day, 25 February 2008, De Montfort University, Leicester (UK).
" '...the rescuing of Vere from his creator being no small problem': Slasher's Strategies in E. M. Forster's Adaptation of Melville's Billy Budd". Vortrag auf der Tagung Slash 2: the 2nd DMU Fanfiction Study Day, 27 February 2007, De Montfort University, Leicester (UK).
" 'I've sighted a sail in the storm [...] She has a land of her own where she'll anchor forever': the British Melville revival, Billy Budd and E.M. Forster's visions of a queer Utopia". Vortrag auf der Leiden October Conference 2006, The Literary Utopias of Cultural Communities, 1790-1945, 25 - 27 October 2006, University of Leiden, The Netherlands.